Frauen wenden pro Tag im Durchschnitt 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer – Welche Folgen hat das für uns Frauen? Gibt es Lösungen?
Sorgearbeit oder Care-Arbeit meint die unbezahlte Tätigkeit des Sich-Kümmerns. Damit schließt sie nicht nur die Versorgung und Erziehung von Kindern oder die Pflege alternder Angehöriger mit ein, sondern auch all jene Aufgaben, die im häuslichen Bereich anfallen: kochen, putzen, Wäsche waschen usw. Dass es sich hierbei ebenfalls um Arbeit handelt, wird oft übersehen. Dies liegt auch daran, dass Haus und Hof primär als Ort der Entspannung wahrgenommen werden, was auf die Industrialisierung zurückzuführen ist. Die Arbeit wurde nach außen verlagert, in Fabriken und industrielle Betriebe. Dennoch würde wohl nur wenige auf die Idee kommen, Putzen als Hobby zu bezeichnen.
Das weiterhin vorherrschende Denken: „Der männliche Hauptverdiener arbeitet schwer und viel, um seiner Familie das Bestmögliche zu ermöglichen“ ist genauer zu analysieren: Tut er das, weil es in seine DNA eingeschrieben ist? Oder weil er sich ebenfalls wie Frauen an einem bestimmten Rollenverständnis orientiert?
Dass das Bild des vielbeschäftigten Mannes dringend einer Korrektur bedarf, sieht man auch daran, dass es schlichtweg falsch ist. Frauen arbeiten im weltweiten Durchschnitt so rund zwei Stunden mehr. Männer arbeiten etwa 6,75 Stunden am Tag, Frauen 7,5 Stunden. Bezahlt werden Männer jedoch für 80 Prozent ihrer Arbeitszeit, Frauen nur für 41 Prozent.
Die Idee, dass die Frau, die Einzige ist, die die Kindererziehung aufgrund ihres „Mutterinstinkts“ intuitiv richtig macht, bleibt, was es ist: Eine Idee, die biologischer Logiken entbehrt. Auch sie geht auf die Neuzeit und auf Pädagogen wie Gottfried W. Leibniz oder Jean-Jacques Rousseau, zurück.
Frauen verdienen insgesamt weniger Geld. Aber nicht, weil sie weniger arbeiten, sondern weil sie weniger in bezahlte Arbeit gehen. Das Resultat: Die Renten von Frauen sind 53 Prozent niedriger als die von Männern. Babypausen und Fehlzeiten wegen erkrankter Kinder machen sich ebenfalls bemerkbar. In der klassischen Kernfamilie verfügen Frauen gar nicht über die Möglichkeit, genauso hart zu arbeiten wie Männer. In wirtschaftlichen oder politischen Führungspositionen findet man sie daher auch seltener. In einem durchschnittlichen Vergleich von 153 Ländern waren nur 21 Prozent der Ministerposten von Frauen besetzt.
Was lässt sich dagegen tun? Eine Frage, der man sich stellen könnte, wäre zum Beispiel: Fühle ich mich in der klassischen Rolle als Mutter und meinem Aufgabenbereich häuslicher Tätigkeiten wohl?
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Löhne für die gleichen Leistungen angepasst werden. Und es reicht nicht, wenn Frauen zwar die Wege in den Arbeitsmarkt finden, dann aber die Doppelbelastung aus Care-Arbeit und Job tragen müssen. Es sollte auch darum gehen, anfallende Arbeit gerecht zu teilen und geleistete Arbeit wertzuschätzen. Und dies obliegt auch der Verantwortung jeder Einzelnen/ jedem Einzelnen.
Diesen Blick für die Eigenverantwortung wollen wir schärfen. Den Familien müssen die Möglichkeiten gezeigt und geboten werden, geteilte Care-Arbeit in ein Berufsleben umzusetzen.
Johanna Kleinert 11.04.2022